„Forza Italia“ im Prix de France
Der achtjährige italienische Hengst Vivid Wise AS (v. Yankee Glide) und Mathieu Abrivard (36) sicherten sich zwei Wochen nach dem Prix d‘Amérique nun im Prix de France (400.000 Euro) die zweite Zacke der klassischen „Triple Crown“ im französischen Traber-Tempel von Paris-Vincennes. Das Duo drückte den Rennrekord auf 1:09,7a/ 2100 (bisher: Kool du Caux/ 2007, Délia du Pommeraux/ 2021, je 1:09,8) und siegte am Ende leicht gegenüber der wiedererstarkten Titelverteidigerin (David Thomain) sowie der zweiten Italo-Farbe, Zacon Gio (Jean-Michel Bazire). Für Vivid Wise As, der sich ja als „Amérique“-Vierter stark angekündigt hatte, war es außerdem der erste Gruppe-I-Erfolg in Vincennes.
Mit Ausnahme des „Amérique“-Zweiten Galius versammelte sich jedenfalls die Eliteklasse zur jährlichen Revanche in diesem „Speed Race“. Auf dem Papier sah die Aufgabe sehr offen aus, und dieser Eindruck wurde auf der 2100 Meter langen Sprintstrecke durchaus bestätigt. Neben dem knappen Totofavoriten Vivid Wise AS fand man als wettender Fan viele Außenseiter für die französische „Königswette“, die „Quinté+“. Dazu bemerkenswert: Als „ärmster“ von zehn Millionären musste Etonnant aus der zweiten Reihe ran (und sprang prompt sogleich ein).
Der Rennverlauf
Um die Spitze bemühte sich von Startposition 7 erwartungsgemäß Blitzstarter Cokstile, der Sieger des Elitloppets 2020 und des „Bourgogne“, der am 2. Jänner über diese Distanz geführt hatte. Als dies realisiert war, schoss die „Amérique“-Dritte, Flamme du Goutier, an die Führung und ließ das Tempo nicht abflauen. Von noch weiter außen kommend und daher irgendwie isoliert, machte auch Mitfavorit und „PdA“-Gewinner Davidson du Pont in die Senke hinein Boden gut und kam – somit wenig glücklich – an der Seite der Pilotin zu liegen. In dessen Windschatten servierte „JMB“ seinem Zacon Gio ein Rennen nach Maß und konnte bis zum Schlussbogen Kräfte sparen. Hinter ihm wiederum lauerte auch Mathieu Abrivard mit Vivid Wise AS und setzte zur Attacke an, als Christophe Martens mit der in dritter Spur hängenden Rebella Matters fair Platz machte.
Die beiden Italiener gingen schnell besser als die genannten Pacemaker, wenngleich der Stallgefährte von Face Time Bourbon bereits Mitte der Geraden nach „überlegener Ware“ aussah. Auf dem Ehrenrang begeisterte die unermüdliche Délia de Pommereux mit tollem Speed, um am Ende Zacon Gio auf den dritten Platz zu verweisen. Enttäuschend blieben die Auftritte der beiden Stars aus dem PdA: Sowohl Davidson du Pont (9.) als auch Flamme du Goutier (8.) verfehlten letztlich sogar die Gelder. Die direkten Plätze hinter dem „Treppchen“ komplettierten indes der in der Hand von Champion Eric Raffin besser gefallende Schwede Power bzw. noch ein Italiener, Vitruvio – für Alessandro Gocciadoro auch als Fahrer ein schöner Erfolg, zumal „Goccia“ als Trainer von Vivid Wise As ebenfalls seinen ersten Gruppe-I-Triumph in Vincennes realisierte. „VWA“ erhöhte sein Konto auf exakt 1,884.703 Euro und wird mit seinen kommenden Lieblingsrennen, Critérium de Vitesse (Cagnes-sur-mer/ 13. März) und Prix de l’Atlantique (Paris-Enghien/ 23. April), wohl die 2-Mio-Marke überspringen.
Vivid Wise As und Mathieu Abrivard mit der Jubelgeste nach der Zieldurchfahrt im Prix de France, sehr zum Gefallen auch von Betreuer Alessandro Gocciadoro.
Anzunehmen, dass Mathieu Abrivard, der u. a. von der regierenden „Miss France“ beglückwünscht wurde, in seinem Sulky bleiben wird. Der Lebensgefährte von Nathalie Henry, mit der er eine Tochter und einen Sohn hat, bekräftigte daneben, dass er nach diesem Meeting seine Karriere als Trabreiter beenden wird. In diesem Metier war er ja besonders erfolgreich unterwegs, gewann etwa auf Jag de Bellouet schon als 18-Jähriger (!) den Prix de Cornulier (2004) dann mit „Jag“ auch 2005 und 2006, dazu auf Bellissima France (2017) und Bahia Quesnot (2021), also 5x. Aber er jubelte natürlich gleichfalls frenetisch über seinen ersten Sieg im Prix de France. Jetzt fehlt ihm quasi nur noch der „Amérique“, denn den Prix de Paris hat er sich bereits 2010 geholt (Private Love). Apropos:
Wer setzt sich nun die dritte Krone auf?
Am 27. Februar folgt traditionell der dritte Lauf zur französischen „triple couronne“. Der Marathon des Prix de Paris (ebenfalls um 400.000 Euro) ist ein weiteres Traditionsrennen für die Elite und besiegelt das Winter-Meeting für die Top-Cracks. Wie viele der „PdA“- und „PdF“-Starter sich im Feld des über 4150 Meter führenden Bewerbs finden, ist fraglich bzw. wird interessant. Vorjahrssieger Etonnant scheint völlig „durch den Wind“, auch gab es im Anschluss an den „France“ etliche Absagen, wodurch die Chance auf den großen Coup für Kandidaten steigt, die aktuell gar nicht so sehr auf dem Radar sind. Vielleicht für eine weitere Italienerin: Ampia Mede SM begeisterte nämlich an diesem Samstag im Prix de Munich. Sicher nicht mehr dabei wird Billie de Montfort sein, die mit einem Karriere-Salär von über 2,5 Millionen im Anschluss an den „France“ unter großem Beifall der zahlreichen Fans – „Corona“ ist im öffentlichen Leben von Paris nur noch durch teilweise Maskenpflicht erkennbar – verabschiedet wurde.
Daniel Stadler/ Gerhard Reichebner