101. Prix d’Amerique in Paris Vincennes am 30. Jänner
Schafft Face Time Bourbon den Hattrick?
Zwei Wochen vor dem Start des wichtigsten Trabrennens Europas um eine Million Euro scheint die Favoritenrolle der Edition 2022 glasklar. Face Time Bourbon, gesteuert von Eric Raffin (Foto), strebt auf dem Plateau de Gravelle nach seinen überzeugenden Siegen in den Vorjahren den Hattrick an.
So viele hatten das bisher ja nicht geschafft: Uranie (1926 – 28), Roquépine (1966 – 68), Bellino II (1975 – 77) und Ourasi (1986 – 88). Ourasi gelang dann 1990 gar noch ein vierter Streich. Womit „FTB“ bei einem Sieg heuer die Chance hätte, 2023 als erstes Pferd in der Geschichte überhaupt den Prix d’Amérique viermal in Serie zu gewinnen…
Etonnant der Herausforderer – „Jean-Mi“ mit einem Quintett
In den letzten beiden Jahren hatte es FTB jeweils mit Schützlingen des Stalles Bazire zu tun. Auch heuer stellt Bazire ein gar fünfköpfiges Aufgebot für jenen letzten Sonntag im Jänner. Die „Waffen“ des Meisters aus Le Mans heißen Ganay de Banville (Dritter sogleich im „Bretagne“), Italo-Export Zacon Gio (mit fast 1,5 Mio. Euro dank seines Geldes dabei), Rebella Matters (Dritte sowohl im „Bourbonnais“ als auch nun im „Belgique“), Davidson du Pont (1,8 Mio. Euro Geld) und der Sieger des „Belgique“, Feydeau Seven. Ersteren sollte „JMB“ wohl selbst steuern, vielleicht wird’s aber nun doch noch einmal Davidson du Pont. Der zeigte im „Belgique“ seine Klasse und war auf dem Weg zum Sieg. Kurz vor dem Ziel kam der Hengst seinem Fahrer Nicolas Bazire unter heftigem Peitscheneinsatz aber von den Beinen und endete am Turm. Ganz zum Ärger seines Vaters Jean-Michel, der zwar mit Feydeau Seven im Zuge dessen leicht gewann, über das Verhalten seines Sohnemannes aber nicht ganz glücklich schien. – Dass einer der Genannten „FTB“ in Topform auf den Zahn fühlt – schwer vorstellbar. Es wäre aber nicht der „Maître“, hätte er für den 30. Jänner nicht einen Griff in die Trickkiste im Hinterkopf.
Etonnant (Nr. 10) bei seinem Überraschungserfolg im „Bourbonnais“ gegenüber Face Time Bourbon.
Feydeau Seven holte sich mit dem „Belgique“ am vorigen Sonntag die letzte Vorprüfung zum „PDA“.
Aus Schweden scheint heuer kein Traber ernsthafte Ambitionen anzumelden. Der blasse Auftritt von Don Fanucci Zet im „Bourgogne“ veranlasste seinen Trainer, Daniel Redén, auf eine Teilnahme zu verzichten und seine Titelverteidigung im Elitloppet anzustreben. Irgendwie natürlich schade. Ebenso muss man bezüglich des „Bourgogne“-Siegers, Cokstile, ob der 2700-Meter-Distanz skeptisch sein.
Die Dezember-Sieger aus „Continental“ (f. 4j.) und „Ténor de Baune“ (f. 5j.), Hohneck und Galius, gehen ebenso als Außenseiter an den Ablauf. Beide gewannen überzeugend, dennoch scheint der Schritt aufs Treppchen im PdA vor allem für Galius zu groß. Der Sieg von Hohneck hingegen im Prix de Croix war am 15. Jänner schon nochmals sehr beeindruckend. Nicht zu vergessen, dass Trainer Philippe Allaire einer der Besten seines Faches ist. Hohneck könnte also die Rolle von Gu d’Heripré aus dem Vorjahr übernehmen.
Denn hinter „Gu“ steht ein großes Fragezeichen. Der Drittplatzierte aus dem Vorjahr hatte lange mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Erst zu Beginn des neuen Jahres kehrte der von Fabrice Souloy trainierte Fuchs zurück. Sein fünfter Platz im „Bourgogne“ war ein deutliches Lebenszeichen und machte den 6-Jährigen zu einem ernsthaften Platzanwärter. Der fehlerhafte Auftritt im letzten Test ließ aber erneut Zweifel aufkommen. Auch Nivard selbst zeigte sich im Interview nach dem Rennen enttäuscht, und offiziell qualifiziert ist er ja zudem nicht. Seine Gewinne von etwas mehr als 800.000 Euro müssen nicht unbedingt reichen, um dranzukommen.
Der Blick aufs gesamte Teilnehmerfeld
Fix sind jedenfalls: Face Time Bourbon, Etonnant, Ganay de Banville (alle Prix de Bretagne), Rebella Matters („Bourbonnais“), Hohneck („Continental“), Galius („Ténor de Baune“) Cokstile, Vivid Wise As, „die alte“ Billie de Montfort (alle „Bourgogne“), Feydeau Seven und Diable de Vauvert (beide „Belgique“). Macht in Summe schon einmal 11, dazu kommen wohl ziemlich sicher die gewinnreichen Davidson du Pont, Délia du Pommereux (knapp 1,6 Mio.) und Zacon Gio. Sind 14, verbleiben vier Plätze. Und mehr Geld als Gu d’Heripré haben etwa noch Bahia Quesnot, Feeling Cash, Power oder Chica de Joudes auf ihrem Konto.
Qualitativ gab es also speziell in der Breite sicher schon bessere Ausgaben des Prix d’Amérique. Face Time Bourbon wäre – siehe Einleitung – jedenfalls erst der fünfte Traber, der dreimal am Stück „la plus belle“, wie es die Franzosen ausdrücken, gewinnt. Als Gegner bietet sich natürlich Etonnant an (der nach seinem „Bourbonnais“-Sieg noch ein wenig aussagekräftiges Rennen in Bordeaux mit allen vier Eisen bestritt), ansonsten sehen wir um die Plätze ein großes Rätsel. Die Auflösung gibt es am 30. Jänner auf dem Plateau de Gravelle.
Unser Tipp für die „Quinté“: FTB – Etonnant – Davidson du Pont – Hohneck – Diable de Vauvert.
Daniel Stadler/ Gerhard Reichebner